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Glück und Unglück liegen so nah beieinander

  • betaullings
  • 26. Juli 2024
  • 4 Min. Lesezeit

1.      Evakuierung: Jasper Nationalpark


Als wir uns entschieden haben, die kanadischen Rocky Mountains zu besuchen, wussten wir schon, dass es bereits verschiedene Waldbrände in Alberta und British Columbia gab. Dies scheint jedes Jahr im Sommer ein Problem zu sein – Blitzeinschläge und menschliches Versagen oder Ignorieren von Regeln führen dazu. Dass es uns jedoch so nah betreffen wird, wie es tat, dachten wir damals nicht, als wir unsere 2 Nächte im Jasper Nationalpark auf dem Campground Whistler gebucht hatten.



Schon 2 Tage, bevor wir den Jasper NP erreichten, war der Himmel getrübt, neblig und grau. Da war uns bereits klar, dass dies von Waldbränden, welche sich jedoch auch sehr weit weg befinden können, stammen muss. Teilweise roch man auch ganz leicht Gestank von kalter Asche.






Im Jasper NP wussten wir von einem Gebiet, welches bereits abgesperrt war, jedoch so weit von uns entfernt war, so dass wir uns keine Sorgen machen mussten. Auch im Jasper NP war der Himmel zuerst grau vernebelt, was sich jedoch im Laufe des Nachmittags änderte und plötzlich der Himmel stahlblau war. Die Aschewolken waren somit sehr rasch vom Winde weggetragen worden.


Nach der 1. Nacht erlebten wir einige Highlights des Parks (unter anderem Athabasca Falls, Mt Edith Cawell – beide Gebiete schlussendlich vom Brand betroffen). Wir genossen ein kaltes Bad im Edith Lake, fuhren durch die Wälder (welche teilweise von früheren Bränden gekennzeichnet waren) und genossen den Tag. Es war sonnig mit einigen Wolken, aber auch mit teilweise Aschenwolken. Es galt seit einiger Zeit ein konsequentes Feuerverbot, so dass wir nicht grillieren konnten.


Der Himmel war orange gefärbt, eine Aschewolke zog bedrohlich vorbei – eine gespenstische Stimmung (ergab aber ein paar wunderschöne Fotos) Um ca 2130 Uhr legten sich Tanja und Berno schlafen….



Dann begann es:


Um 2200 Uhr vibrierten beide Handys: eine Warnmeldung, dass Jasper Stadt und Jasper Nationalpark mit zwei grossen Waldbränden konfrontiert seien und alle, die sich in diesem Gebiet aufhalten würden, den Park umgehend zu verlassen hätten. Dies ausschliesslich Richtung Westen auf der  Strasse Nr. 16. Richtung Süden und Osten sei alles gesperrt.


(Diese Warnmeldung wurde von den Behörden an alle Handys, welche eingeschaltet waren, abgesetzt. Unabhängig davon, ob man eine SIM-Karte aus Kanada, der Schweiz oder China eingesetzt hatte).









Tanja und Berno stiegen aus (beide Nachbarn des Campingplatzes standen vor mir um sicherzugehen, dass Tanja und Berno die Meldung auch erhalten hatten – wieder Nachbarschaftshilfe), packten alle Sachen zusammen und stellten sich in die kilometerlange Autoschlange, welche sich bereits an der Kreuzung Richtung Strasse Nr. 16 gebildet hatte (in Jasper Stadt leben rund 5000 Einwohner,  im ganzen Nationalpark befanden sich zehntausende Touristen – alle mussten zur gleichen Zeit über die eine Strasse Richtung Westen fahren und kamen aus allen Himmelsrichtungen). Erst 2 Stunden nach der Warnung konnten wir den Park verlassen, obwohl unser Campingplatz nur ein paar wenige Kilometer vom Ausgang entfernt war. Die Stimmung war ruhig und gesittet. Es herrschten weder Panik noch Unruhe. Es gab kein Drängeln, kein Hupen – jedes Auto stand in der «stop-and-go-Schlange», bis es dran war, den Park zu verlassen. Leider wussten wir nicht, wie weit wir uns vom Parkausgang entfernen sollten, um irgendwo einen Schlafplatz zu finden. Wir fuhren rund 50km weit, bis wir auf eine Seitenstrasse einbogen und uns dort an den Strassenrand stellten.




Am nächsten Morgen war der erste Schreck vorbei. Wir mussten unser Routing entsprechend anpassen, da wir nun nicht den Icefield Parkway von Jasper nach Banff fahren konnten und somit dort im Süden unseren gebuchten Campingplatz nicht am selben Tag erreichen konnten. Unser Umweg führte uns über Kamloops, wo wir entschieden, dennoch wieder Richtung Osten zu fahren, um zumindest die 2. gebuchte Nacht in Golden zu verbringen (hierzu kommen wir später).


Jetzt, 4 Tage nach unserer Evakuierung, ist bekannt, dass rund die Hälfte von Jasper Stadt abgebrannt sein muss. Ein grosses Gebiet im Jasper NP ist niedergebrannt, unter anderem auch der Campground, auf welchem wir übernachtet hatten und die Attraktionen, welche wir kurz zuvor noch besichtigt hatten. Viele Einwohner von Jasper Stadt verloren Hab und Gut und niemand weiss, wann die Stadt wieder bezogen werden kann. Laut Experten kann nicht damit gerechnet werden, dass der Nationalpark diese Saison für Touristen nochmals geöffnet werden kann. Zu gross ist der Schaden auf den Strassen, in den Campgrounds und der Stadt. Wir sind glücklich und froh, dass die Alarmierung so perfekt geklappt hatte. Wir sind dankbar, dass wir gesund und sicher evakuiert wurden, aber auch, dass wir noch ein paar schöne Augenblicke und Stunden im Nationalpark verbringen durften. Wir sind dennoch unendlich traurig und betroffen, dass viele Einwohner momentan im Ungewissen leben müssen, wann/wie/wo weiter.

 

2.      Evakuierung in Golden, Riverfront Campground:


Ursprünglich waren wir 2 Nächte im Riverfront Campground gebucht gewesen – dies nachdem wir eigentlich den spektakulären Icefield Parkway befahren wollten. Die 1. Nacht mussten wir wegen des Umweges, welchen wir wegen der 1. Evakuierung fahren mussten, stornieren. Die 2. gebuchte Nacht nahmen wir dann wahr – mit dem Plan, am nächsten Tag südlich nach Cranbrook zu fahren, wo wir (endlich wieder einmal) ein Hotelzimmer gebucht hatten.


Kurz zusammengefasst: Tanja und Berno lagen bereits im Bett, als jemand an meine Wand klopfte. Dieser jemand erklärte Tanja (Berno schlief), dass es noch nicht zwingend sei, aber sehr dringend angeraten, den Campingplatz zu evakuieren und zu verlassen – dies aufgrund eines akuten Waldbrandes südlich von Golden. Die Strasse Richtung Süden (Richtung Cranbrook) sei gesperrt. Wir sollen uns mal in Richtung Golden aufmachen… Auch hier kam keine Panik auf, sondern alle Fahrzeuge fuhren auf in Richtung Golden. Im Dunkeln der Nacht konnten Tanja und Berno das Feuer und die Flammen lodern sehen – sehr eindrücklich und bedrohlich.


Aber nun: wohin sollen wir fahren? Niemand gab Anweisungen, niemand schickte eine Nachricht mit Aufforderungen und Information, wohin zu fahren sei. Es war nur bekannt, dass die Strasse Richtung Süden gesperrt war. Bei Tanja und Berno kam langsam Stress auf – dies nach der 2. Evakuierung innerhalb 3 Tagen! Sie waren unterschiedlicher Meinung, wo wir uns für die Nacht hinstellen sollten. Sie diskutierten heftig, die Stimmung war angespannt und Beide genervt. Schlussendlich stellten wir uns auf einen Supermarktparkplatz mitten in Golden und übernachteten dort. Dort würde man uns gut sehen, sollte die Stadt evakuiert werden müssen.


2 solche Ereignisse fordern Energie und Kraft. Tanja fühlte sich am Tag danach ausgelaugt und müde und war niedergeschlagen. Aufgrund der Geschehnisse, Erfahrungen und anhaltender Waldbrände im Grossraum Alberta und vor allem östliches British Columbia haben wir im «3er-Gremium» entschieden, die kanadischen Rocky Mountains wohl oder übel hinter uns zu lassen, Richtung Westen zu ziehen und wieder etwas zur Ruhe zu kommen.

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